Noch immer gibt es Zoohändler, die unerfahrenen Tierhaltern den Kauf eines Meerschweinchens und eines Kaninchens empfehlen. Dabei handelt es sich um vollkommen verschiedene Tierarten, die kaum Gemeinsamkeiten aufweisen. Auf den Menschen übertragen wäre es in etwa so, wenn ein extrovertierter junger Partymensch, der ständig „Action“ um sich herum haben muss, mit einer älteren ruhigen Dame zusammenleben müsste, die bei lauter Musik, kalten Pizzaresten und schmutziger Kleidung im Badezimmer Ausschlag bekommt. Kurzum: Es geht einfach nicht gut.
Kaninchen sind anders. Meerschweinchen auch.
Kaninchen und Meerschweinchen fressen beide gerne Heu und hoppeln gerne auf dem Rasen herum. Da hört es auch schon auf mit den Gemeinsamkeiten der beiden Tierarten. Problematisch ist vor allem die völlig unterschiedliche Körpersprache der beiden Tiere, die zu Missverständnissen am laufenden Band führen.
Wenn Meerschweinchen mit den Zähnen klappern, ist dies ein Warnsignal für Artgenossen, dass sie schlechte Laune haben und angriffsbereit sind. Kaninchen mahlen dagegen mit den Zähnen, wenn sie sich wohlfühlen. Sieht das Kaninchen ein zähneklapperndes Meerschweinchen und will sich freudig ankuscheln, ist das Drama vorprogrammiert. Überhaupt sind Kaninchen sehr kuschelfreudig und suchen stets die Nähe ihrer Artgenossen, während sich Meerschweinchen distanziert geben und mit Blickkontakt zu ihren Kameraden völlig zufrieden sind. Das Meerschweinchen leidet ebenso unter den Annährungsversuchen des Kaninchens wie dieses unter den ständigen Zurückweisungen.
Problematisch ist dabei auch die unterschiedliche Größe der beiden Tiere. Selbst Zwergkaninchen sind um einiges größer als das normale Hausmeerschweinchen und können es körperlich dominieren. Findet das Meerschweinchen keinen echten Rückzugsort, ergibt es sich und leidet still darunter, dass das Kaninchen kuscheln will. Menschen nehmen fälschlicherweise an, dass das „Gurren“ des Meerschweinchens ein Ausdruck des Wohlgefühls ist, ähnlich wie das Schnurren der Katze. Dies ist allerdings eine Fehlannahme: Das vom Kaninchen bedrängte Meerschweinchen gurrt, um sich selbst zu beruhigen und seinen Bedränger von sich wegzuhalten.
Viel Platz für eine Vierergruppe
Wer sich absolut nicht entscheiden kann, ob er lieber Meerschweinchen oder Kaninchen halten will, kann es mit einer größeren Gruppe versuchen – die ein entsprechend großes Gehege und vor allem zwei getrennte Rückzugsorte erfordert. Leben zwei Meerschweinchen und zwei Kaninchen zusammen, geht dies meist gut – beide Tierarten haben einen Partner, der sie versteht und mit dem sie sich in erster Linie beschäftigen werden. Zudem haben sie einen sicheren Rückzugsort, falls das andere Tier doch einmal „nervt“. Im gemeinsamen Gehege kann es dann aber auch zu positiven Annährungsversuchungen kommen.